Warum werden in der Freimaurerei die preußischen Tugenden erwähnt?
Die sogenannten preußischen Tugenden, die Friedrich dem Großen zugeschrieben werden, lauten:
Toleranz, Unbestechlichkeit, Bescheidenheit, Gemeinsinn, Pflichttreue, Sparsamkeit und Fleiß.
Dass ein Monarch bereits vor rund 250 Jahren Tugenden wie Toleranz öffentlich als erstrebenswert erklärte, war zu seiner Zeit revolutionär. Denn während viele andere Herrscher auf Macht, Glaubenstreue oder Unterordnung setzten, formulierte Friedrich eine ethische Haltung, die auf Mündigkeit und Eigenverantwortung zielte.
Diese Werte klingen überraschend modern. Und sie finden bis heute Widerhall – auch im freimaurerischen Denken.
Zeitlos gültig – und heute aktueller denn je
Man muss nicht zurück ins 18. Jahrhundert schauen, um die Bedeutung dieser Tugenden zu erkennen. Sie berühren Themen, die unsere Gegenwart unmittelbar betreffen:
-
Unbestechlichkeit – gerade in der Politik, wo Vertrauen verloren geht, wenn persönliche Interessen über das Gemeinwohl gestellt werden.
-
Bescheidenheit – angesichts von Managergehältern, die in keinem Verhältnis zu gesellschaftlicher Verantwortung stehen.
-
Gemeinsinn – etwa im Spitzenfußball, wo individuelle Egos oft über dem Teamgedanken stehen.
-
Pflichttreue – in Zeiten, in denen staatliche Regelungen zunehmend hinterfragt oder ignoriert werden, obwohl sie dem Schutz aller dienen.
-
Sparsamkeit – beim verantwortungsvollen Umgang mit Energie, Ressourcen und öffentlichem Geld.
-
Fleiß – nicht als Selbstausbeutung, sondern als bewusste Haltung, auch in einer 40-Stunden-Woche Qualität und Einsatz zu zeigen.
-
Toleranz – als Basis für friedliches Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft.
Diese Tugenden sind keine verstaubten Schlagworte aus der Geschichtsstunde. Sie sind Ideale, die Orientierung geben können – gerade dann, wenn gesellschaftliche Maßstäbe verschwimmen.
Warum diese Werte zur Freimaurerei passen
Die Freimaurerei ist keine politische Bewegung und kein moralischer Zeigefinger – aber sie gibt Raum zur Reflexion. Sie ruft nicht zur blinden Anpassung an alte Normen auf, sondern zur bewussten Auseinandersetzung mit dem, was unser Handeln leiten sollte.
In einer freimaurerischen Loge geht es um Charakterbildung. Und die beginnt mit der Frage: Welche Werte trage ich nach außen? Welche Verantwortung übernehme ich – für mich, für andere, für die Gesellschaft?
Die preußischen Tugenden sind dabei keine dogmatischen Vorgaben. Sie stehen sinnbildlich für das freimaurerische Lebensbild: ethisch, selbstkritisch, verbindlich. Nicht, weil es „von oben“ verordnet wird – sondern weil es aus Einsicht und Überzeugung gelebt wird.